Themen der Gendergerechtigkeit

Im Jahr 2014 prägte die schwedische Außenministerin Margot Wallström den Begriff der feministischen Außenpolitik. Das von ihr vorgeschlagene Konzept basiert auf den sogenannten »3 R«, die für Rechte, Repräsentanz und Ressourcen stehen. ​

Die Tradition feministischer Außenpolitik reicht aber mindestens bis zum Jahr 1915 zurück, als beim Internationalen Frauenkongress in Den Haag mehr als 1200 Feministinnen nicht nur ein Ende des Ersten Weltkriegs forderten, sondern zudem einige visionäre Resolutionen aufsetzten. Auch sie waren für die Demokratisierung von Diplomatie und wollten weg davon, dass sich ausschließlich Männer aus elitären Kreisen über Krieg und Frieden unterhalten. Es ging ihnen um Rechte von Frauen und Minderheiten.

Geschlechtergerechte und diverse Gesellschaften sind stabiler, friedfertiger und produktiver. Und auch im Bereich der Außenpolitik lassen sich Gleichstellung und feministische Perspektiven wirksam integrieren. Dabei geht es jedoch nicht darum, Frauen in patriarchale Systeme zu integrieren, sondern diese Systeme vollkommen neu zu denken und entsprechend umzugestalten. 
Feministische Außenpolitik setzt den Fokus auf menschliche Sicherheit statt auf militärische Stärke.

Feministische Außenpolitik unterscheidet sich von herkömmlichen diplomatischen Strategien.
Feminismus bedeutet, gegen patriarchale Strukturen vorzugehen. Er richtet sich eben nicht gegen Männer, sondern gegen ein System, in dem der Mann in der Familie und im Staat die Vormachtstellung hat. Die Kehrseite ist nämlich, dass alle anderen, und dabei Frauen als größte Gruppe, mit Gewalt und Unterdrückung leben müssen. Das reicht von Belästigung bis Mord und Krieg.

Immer noch dominieren alte, weiße, westliche Männer die Politik sowie Theorie und Praxis der internationalen Beziehungen. Dadurch werden die Bedürfnisse von Frauen und Minderheiten permanent ignoriert. Die Welt ist voller Kriege, Krisen und Unrecht.

Einer Studie der Vereinten Nationen zufolge sind Friedensprozesse, an denen Frauen beteiligt sind, erfolgreicher und langlebiger.

Das Centre for Feminist Foreign Policy (CFFP) hat sich der weltweiten Förderung einer feministischen Außenpolitik verschrieben. Es ist eine Forschungs- und Beratungsorganisation, die sich mit der Frage beschäftigt, welche Antworten der Feminismus auf die multiplen Krisen unserer Zeit bereithält und versteht sich als Kontrapunkt zu dem globalen Backlash der autokratischen Alleinherrscher.

Kristina Lunz, die Mitgründerin und co-CEO des CFFP, Politikwissenschaftlerin, Aktivistin und Entrepreneurin denkt Frieden, Menschenrechte und Gerechtigkeit mit Außenpolitik zusammen und will so einen Paradigmenwechsel einleiten: Machtgebaren und militärischen Muskelspielen setzt sie Mediation in Friedensverhandlungen, feministische Machtanalysen und Klimagerechtigkeit entgegen.

Konkreter wird das skizziert in ihrem im Februar 2022 erschienen Buch "Die Zukunft der Außenpolitik ist feministisch. Wie globale Krisen gelöst werden müssen."

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hat im Bundestag eine Strategie für feministische Außenpolitik angekündigt. Der Koalitionsvertrag der Ampelkoalition, der Ende November 2021 vorgestellt wurde, beinhaltete Feministische Außenpolitik: „Gemeinsam mit unseren Partnern wollen wir im Sinne einer Feminist Foreign Policy Rechte, Ressourcen und Repräsentanz von Frauen und Mädchen weltweit stärken und gesellschaftliche Diversität fördern. Wir wollen mehr Frauen in internationale Führungspositionen entsenden, den Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der VN-Resolution 1325 ambitioniert umsetzen und weiterentwickeln.“

Body Positivity
Nimm deinen Körper so an, wie er ist.
Diese Bewegung setzt sich für die Abschaffung unrealistischer und diskriminierender Schönheitsideale ein. Der Begriff wird aber auch oft als ein Lebensgefühl verstanden.
Eigentlich wird dieser Begriff mit Plus-Size verbunden. Aber auch andere Menschen können sich in ihren Körpern unwohl oder von anderen diskriminiert fühlen.

Body Shaming/Fat shaming
Das ist der Gegenbegriff. Unter ihm werden alle Formen von Diskriminierung, Beleidigung, Mobbing oder Demütigung von Menschen aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes bezeichnet, insbesondere im Hinblick auf ein Schönheitsideal.

Zwei Videos zu diesen Themen:
PULS Reportage - Body Positivity vs. Fatshaming

Die Frage - Body Acceptance: Meine Narben gehören zu mir

Beitrag der Evang. Jugendzentrale Landau

Was gendersensible Sprache bewirken kann:
▶ Eindeutigkeit: Sprache wird so verwendet, dass klar hervorgeht, wer gemeint ist. 
▶ Repräsentation: Sprachliche Formen werden verwendet, die alle Geschlechter repräsentieren und durch die sich alle angesprochen fühlen. 
▶ Anti-Diskriminierung: Sprache wird so eingesetzt, dass sie nicht diskriminierend ist. Nicht zuletzt bedeutet gendersensible Sprache, einen Beitrag zu mehr Gleichberechtigung zu leisten. Denn Geschlecht war und ist nach wie vor eine wichtige Ordnungskategorie, die Hierarchien erzeugt, an deren Aufbrechen wir aktiv mitwirken können.

CONTRA-Argumente und wie man sie entschärfen kann:

ARGUMENT1: „Frauen sind doch mitgemeint“!
Dass Frauen zwar häufig mitgemeint, selten jedoch mitgedacht werden, zeigen verschiedene Studien. Sprache bildet also nicht nur gesellschaftliche Strukturen ab, sondern prägt auch unsere Wahrnehmung. Berufsbezeichnungen waren bis in die 1990er Jahre hinein überwiegend maskulin, da die Berufe ursprünglich Männern vorbehalten waren. Heute noch trägt Sprache dazu bei, diese Zuschreibungen aufrecht zu erhalten.

ARGUMENT 2: „Frauen werden auch in Ländern schlecht behandelt, in denen die Sprache kein generisches Maskulinum kennt.“ 
Die Tatsache mag zwar richtig sein, die Schlussfolgerung aber falsch. Zum einen ist das generische Maskulinum nicht die einzige Form sprachlicher Ungleichbehandlung, es gibt auch Wörter, die in sich diskriminierend sind, wie z.B. Blödmann. Zum anderen ist Sprache nicht das einzige Mittel, um Menschen zu diskriminieren.

ARGUMENT 3: „Gendern ist zu holprig“ 
Am Anfang kann es ungewohnt sein, aber mit etwas Hintergrundwissen sprachlich gut machbar! Empfehlenswert ist zum Beispiel der Leitfaden der Universität zu Köln, aus dem auch Infos für diesen Beitrag entnommen sind.

Wollt ihr mehr darüber wissen?

Links:
Rätselraten mit Passant*innen: Der Chirurg und der Professor
https://www.derstandard.at/story/2000115353699/der-chirurg-und-der-professor-wie-sprache-unser-gehirn-austrickst

Beschluss der Ev. Jugend zum Thema Sexuelle Vielfalt
https://www.ejpfalz.de/fileadmin/user_upload/LJPA/Jugendverband/MAF/Maf-Beschluss_2014.pdf

maiLab Sollte man gendern?
https://www.youtube.com/watch?v=yUuE_aCrKsQ

Gendern macht die Diskriminierung nur noch schlimmer
https://www.tagesspiegel.de/kultur/deutschland-ist-besessen-von-genitalien-gendern-macht-die-diskriminierung-nur-noch-schlimmer/26140402.html

Leitfaden für geschlechtergerechte Sprache der Universität zu Köln https://www.tu-berlin.de/fileadmin/i31/Geschlechtergerechte_Sprache/Leitfaden_der_Universität_zu_Köln.pdf

Beitrag der Ev. Jugendzentrale Germersheim
 

„Ob gesellschaftlich, wirtschaftlich oder medizinisch: Statistisch sind Frauen meist unsichtbar. Grund ist der Gender Data Gap, also die Datenlücke, die entsteht, wenn die unterschiedlichen Geschlechter nicht gleichermaßen berücksichtigt werden. Das möchte die Ampel jetzt angehen. Aber was umfasst den Gender Data Gap und wie wirkt er sich aus? " 
Von Mia von Hirsch

Kennen Sie das: Die lange Schlange vor der öffentlichen Damen-Toilette oder aber den Zoff unter Kollegen um die Temperatur der Klimaanlage? Beides sind Beispiele für den Gender Data Gap. Denn sowohl die Bauweise der Toiletten als auch der Klimaanlagen beruhen auf Daten, die Frauen nicht miterfassen.  
Die Einstellungen für Klimaanlagen sind laut einer Studie perfekt für einen 40-jährigen Mann, während sie für jüngere Frauen eher zu kalt ist. Öffentliche Toiletten für Männer und Frauen sind von der Fläche meist gleichgroß. Aber in Männertoiletten passen mehr Urinale als Kabinen bei Frauenklos.

Außerdem brauchen Frauen zwei bis drei Mal so lange auf der Toilette wie Männer. Weil sie etwa ihre Periode haben oder häufiger Kinder dabei haben. Oder auch, weil die Gruppen der Älteren und Menschen mit Behinderung öfter Frauen sind. 
Wenn solche geschlechtsspezifischen Daten nicht berücksichtigt werden, führt das zu Benachteiligung und vielleicht auch mal zu Frust im Alltag. Wenn es aber in der Medizin passiert, dann kann so eine Datenlücke auch lebensbedrohlich sein.  

Probleme in der Medizin
Man hat etwa lange angenommen, dass Männer und Frauen die gleichen Symptome bei Herzinfarkten haben. Beispielsweise diese als typisch geltenden Armschmerzen. Doch bei Frauen ist das häufig anders: nur bei einem Drittel der Herzinfarkt-Patientinnen tritt beispielsweise dieses Symptom auf.
Die Folge: Fehldiagnosen und oft viel zu spät die Erkenntnis, was die Patientin eigentlich hatte. Dagegen möchte zum Beispiel die Gender-Medizin etwas tun.  
"Frauen sind keine kleinen Männer"
"Die Dosierungen für Arzneimittel werden an Männern ermittelt“, erklärt die Kardiologin Vera Regitz-Zagrosek, die außerdem Gründungspräsidentin der Deutschen und der Internationalen Gesellschaft für Geschlechtsspezifische Medizin. In den lang angelegten Studien gibt es in der Forschung Vorbehalte, Arzneimittel auch an Frauen zu testen, weil diese während der Studie schwanger werden könnten. Also beschränken sich viele Forschende auf männliche Probanden.
Das Ergebnis: Die empfohlene Dosierung ist an Männern ausgerichtet. Welche Mengen Frauen einnehmen sollen, wird aus der Forschung an den männlichen Probanden abgeleitet. "Aber Frauen sind keine kleinen Männer", sagt Regitz-Zagrosek. "Das ist wirklich ein riesiges Datenloch, was wir da haben."

Viele konstruktive Ansätze
Es ist tatsächlich so, in der Statistik sind Frauen im Prinzip oft unsichtbar. Das Gender Data Gap reicht von der Technik über die Stadtplanung bis hin zur Medizin. Immerhin im letztgenannten Bereich hat es sich die neue Regierung zur Aufgabe gemacht, das zu ändern.
Laut Gesundheitsministerium sollen in den kommenden Jahren mehr als vier Millionen Euro in die Hand genommen werden, um "geschlechterspezifische Besonderheiten zu erforschen, Modellprojekte zu fördern und die Effektivität der Versorgung zu untersuchen".“
Zitat: https://www.hr-inforadio.de/programm/themen/gender-data-gap-wie-die-statistik-frauen-unsichtbar-macht,gender-data-gap-100.html

Gender Pay Gap
Der Gender Pay Gap bezeichnet die Differenz zwischen dem durchschnittlichen Bruttolohn von Männern und Frauen. Demnach verdienen Frauen im Schnitt 21% weniger als Männer (Stand 2020). 
Frauen arbeiten eher in Teilzeit und häufig in niedriger bezahlten Berufen. Sie sind öfter in Minijobs, haben häufiger Erwerbsunterbrechungen z.B. durch Mutterschaft und häusliche Pflegetätigkeiten, was sich negativ auf die Gehaltsentwicklung auswirkt und erreichen seltener gut bezahlte Führungspositionen.
Aber selbst wenn man, beim bereinigten Gender Pay Gap die strukturellen Unterschiede wie unterschiedliche Qualifikation, Biographie etc. abzieht, liegt das Einkommen von Frauen bei gleicher Arbeit etwa 6% unter dem der männlichen Kollegen mit vergleichbarer Tätigkeit (Stand 2018).
(Quelle: statista.com)
 

Typisch Junge - Typisch Mädchen
Kennen wir das nicht alle? 

Beispiele:
Typisch Mädchen: mögen die Farbe rosa, tanzen Ballett, tragen Kleider, lieben Pferde
Typisch Jungen: mögen die Farbe blau, spielen Fussball, tragen Hosen, machen sich gerne schmutzig

Rollenklischees - auch Geschlechterklischees genannt - beginnen bereits ab der Geburt und verfestigen sich im frühen Kindheitsalter.
Sie werden geprägt durch Sozialraum & Gesellschaftsgefüge.
Rollenklischees gibt es in (Ausbildungs-)Berufen, Sportarten, Studiengängen, sozialen Medien, Werbung usw.
Sie bleiben in Menschen haften bis ins hohe Alter, wie das Bsp. Haushalt zeigt.

Was dagegen tun?

Ein bekanntes Beispiel für Kampagnen gegen Rollenklischees ist der Girls day.
Auch für Jungs gibt es so einen Zukunftstag. Dabei werden Aktionen unabhängig vom Geschlecht an Unis und Hochschulen angeboten und eine positive BESTÄRKUNG eigener Fähigkeiten und Interessen angestrebt.
Eines der Ziele ist, dass es für Kinder und Jugendliche keine GRENZEN geben darf bei der Wahl der Sportart oder des Berufes.

Pink Washing
Was ist das?
Der Begriff stammt ursprünglich aus den USA und wurde geprägt durch die Werbung auf Kosmetik - und Pharmaprodukten  mit rosa Schleife (gegen Brustkrebs).

Was ist das Ziel?
Beispielsweise das eigene Unternehmen als besonders weltoffen darzustellen durch öffentliche Befürwortung der Gleichberechtigung von sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten, ohne dies tatsächlich aktiv umzusetzen. So standen z.B. Firmen, die die rosa Schleife nutzten, im Verdacht, dass deren Produkte krebserregend sind und diese nur zur Ablenkung zu nutzen.

Pnik Washing verschleiert oft die tatsächliche Situation.  In englischsprachigen Ländern verwendet man in diesem Zusammenhang oft auch den Begriff „Feminism washing“. Das bedeutet: Die Marke bekennt sich zwar öffentlich zum Thema, aber unterstützt aktiv keine Organisationen zur Gleichberechtigung.

 

Mehr zum Thema Pink Washing: https://www.youtube.com/watch?v=2GlhJeFZZGM

Buchempfehlung: Die Rosa-Hellblau-Falle.
Für eine Kindheit ohne Rollenklischees. Von Almut Schnerring (Autorin), Sascha Verlan (Autor)

Artikel Rollenklischees im hohen Alter: https://www.zeit.de/arbeit/2020-05/rollenklischees-ungleichheiten-geschlechter-arbeitsteilung-corona-krise?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F

Beitrag von @ev.jugend-Pirmasens